Dienstag, 14. Oktober 2008

Weltfinanzkrise III (Weltwirtschaftskrise I)

Am Wochenende ist ja so einiges passiert, was an den Börsen vorerst für Ruhe gesorgt hat. Ich sage bewusst "hat", denn nun werden die Folgen für die Realwirtschaft immer deutlicher.
Die Notenbanken beschlossen erstmals Liquidität in unbegrenzter Höhe in den Markt zu pumpen, um die Banken zu stützen und die Anleger zu beruhigen.
Der IWF sah Deutschland am Freitag noch knapp an einer Rezession vorbeischrammen, heute sagen die deutschen Wirtschaftsforschungsinstitute einhellig (und gabs noch nie), dass wir für 2009 ein negatives Wirtschaftswachstum von 0,8% erwarten können (Risikoszenario). Dies würde bedeuten, dass die Arbeitslosigkeit auf 8,3% steigen und somit 400.000 Arbeitsstellen verlorengehen würden.
In ihrem Basisszenario gehen sie davon aus, dass sich die Wirtschaft im 1. Quartal 2009 wieder langsam belebt, der Ölpreis wieder über 100 $/Barrel steigt und die Arbeitslosenquote unverändert bei 7,5 % bleibt.
Zwar halten sie das Basisszenario noch für wahrscheinlicher als das Risikoszenario, doch die Anzeichen mehren sich, dass wir bald doch die Risikovariante als wahrscheinlichstes Szenario einstufen müssen.

Doch erst mal zum Wochenende.
Dort haben sich die Regierungschefs der führenden Wirtschaftsnationen (G7) getroffen, um über eine Lösung der aktuellen Krise zu beraten.
Die auf dem Treffen beschlossenen Lösungen kamen bei den Anlegern gut an, was die Kurse am Montag um jeweils über 11% in die Höhe schießen ließ. Damit wurden zwar erst ein Viertel der Verluste der Vorwoche wieder gut gemacht, aber die deutliche Reaktion zeigte, dass die Rettungsmaßnahmen wirken. Es wäre nicht vorzustellen gewesen, wenn die Rettungspakete der Staaten einfach so verpufft wären.
Die Diagramme zeigen die Reaktionen der Börsen am Montag auf die Verkündeten Rettungsmaßnahmen:


Doch was wurde am Wochenende eigentlich beschlossen?
Im wesentlichen haben die Regierungschefs einen Rahmenplan beschlossen, der das weitere Vorgehen festlegt. Sie orientierten sich dabei am britischen Modell.
Die Maßnahmen der einzelen Länder:
USA: 700.000.000.000 USD (700 Milliarden) für den Kauf fauler Kredite und Einlagensicherung
(davon nahmen sie heute allerdings schon 250.000.000.000 USD in die Hand, um alle großen Banken zu verstaatlichen)
zusätzlich 29 Milliarden USD für BearStearns
zusätzlich 123 Milliarden USD für AIG (dem übrigens die Ulmer Müllabfuhr gehört... Tja so kanns gehen: wer seine Müllentsorgung ins Ausland verkauft, bleibt irgendwann auf seinem Müll sitzen :-) )
Großbritannien: insgesamt 500 Milliarden Pfund für mittelfristige Finanzierung, Liquiditätsspritzen und direktes Eigenkapital vom Staat
Irland: Staatsgarantie bis 2010 für sämtliche Einlagen der Kunden und für Verbindlichkeiten der Banken
Schweiz: Staatsgarantie für die Großbanken UBS und CreditSuisse, neue Eigenkapitalvorschriften, Erhöhung der Einlagensicherung
Spanien: 100 Milliarden EUR für das Interbankengeschäft und Absicherung von Krediten; Sicherung aller Kundeneinlagen bis 100.000 EUR
Frankreich: 360 Milliarden EUR Staatsgarantien und Staatsbeteiligungen an Banken
Luxemburg: Staatsgarantie für systemische Banken
Österreich: 100 Milliarden EUR für Staatsgarantien, zur Eigenkapitalstärkung der Banken, Verbot von Leerverkäufen (das generelle, europaweite Verbot von Leerverkäufen lief letzten Donnerstag mittag aus)
Italien: Staatsbeteiligung an Banken im Notfall
Belgien: Staatsgarantien für alle Banken bis 31.10.2009
Niederlande: 20 Milliarden EUR für grundsätzlich gesunde Kreditinstitute
Deutschland: 400 Milliarden EUR Staatsgarantie für neue Interbankengeschäfte; Beteiligungen an Finanzinstituten bis 80 Milliarden EUR; Vorsorge für einen Ausfall von 5% der Staatsgarantien: 20 Milliarden EUR
Für die Staatsgarantien: Gründung eines Finanzmarktstabilisierungsfonds, der außerhalb des normalen Bundeshaushaltes geführt wird.

Nun zur Weltwirtschaftskrise: Da die Weltfinanzkrise immer weitere Kreise zieht, gerät nun auch die Wirtschaft in einen Abwärtssog. Wie oben schon erwähnt, haben wir 2009 mit keinem bis einem negativen Wirtschaftswachstum zu rechnen.
Doch die Folgen der Weltfinanzkrise sind längst bei uns angekommen: Alle größeren Automobilhersteller haben ihre Produktionen für Wochen teilweise sogar ganz eingesetellt (VW, Opel, Audi) oder halbiert (Daimler). Werksferien wurden verlängert, Kurzarbeit angeordnet, mancherorts wurde die komplette 3. Schicht entlassen.
Der PKW-Absatz in Deutschland ist im September um 8% eingebrochen, d.h. allein im September wurden 413.000 PKWs weniger verkauft als noch im August.
Bei manchen Händlern sind Rabatte von bis zu 30 % normal.
SAP schickt seine Mitarbeiter über Weihnachten bis Neujahr in den Zwangsurlaub.
Opel will in Kaiserslautern 550 Mitarbeiter entlassen.

Auch die Fusionen werden wieder mehr werden:
GeneralMotors denkt an eine Fusion mit Chrysler, selbst eine Fusion der LBBW mit der BayernLB ist nun plötzlich denkbar (Obwohl Günter Öttinger immer dagegen war).

Es wird noch so einiges auf uns zukommen, in der nächsten Zeit.
Ändern können wir nichts daran, nur gespannt und aufmerksam beobachten. Und genau das werde ich auh an dieser Stelle weiterhin tun.

Freitag, 10. Oktober 2008

Weltfinanzkrise II

Wie kam es zur Subprime-Krise in Amerika?
Das Kernproblem ist, dass die Banken die Häuser bis zu 130% des aktuellen Verkehrswertes beliehen haben. Dies taten sie natürlich in Erwartung weiter steigender Immobilien-Preise (wenn das heute 130% des Verkehrswertes sind und die Preise steigen, dann entspricht das bei Kreditfälligkeit vielleicht noch 80% des dann aktuellen Verkehrswertes. Das hieße, der Kredit wäre gedeckt).

So, das waren die Kredite.
Die Banken wollten nun die Risiken loswerden. Deshalb schnürten sie die Kredite zusammen zu Paketen und verkauften diese Pakete an Banken auf der ganzen Welt.
Üblicherweise fallen die unteren 5% der der Kredite aus, d.h. die Kunden können nicht zurückzahlen. Da die Banken in Amerika ihre Kredite aber freizügig an alle verteilten, die einen Kredit haben wollten und ihren Namen schreiben konnten (Sub-prime, also nicht die optimalen Kunden), fielen nun mehr als 10 % der Kunden aus.
Verbildlicht heißt das:

|
| die oberen 70 %
| 30 % der Kredite sind noch nie ausgefallen. Also: Rating AA
|
-
| die nächsten 20 %
| deren Ausfall ist durch die unteren 10 % gesichert. Also: Rating B
-
| die unteren 10 % fallen im Zweifelsfall als erste aus. Also: Rating C

Die Rendite für die Banken verhält sich proportional zum Rating: die Kredite mit dem höchsten Ausfall-Risiko, also die unterste Tranche, haben die höchste Rendite; die Kredite, die so gut wie sicher sind, die niedrigste Rendite.

Jetzt aber mogelten die Banken, die die Pakete verkauften:
Aus der mittleren Tranche (die 20 %) machten sie nochmals 2 Pakete, um ein besseres Rating zu bekommen:

| 80 % sind ja doppelt gesichert, durch die 10 % (siehe oben) und die 20 % unten. Diese
| Kredite fallen ja zuerst aus. Also: Rating AA
-
| 20 % fallen als nächstes nach den unteren 10 % aus. Also: Rating B

Ich glaube, man erkennt gut das erhöhte Risiko, das sich ergibt, wenn man nur die Ratings anschaut, und nicht weiß, welche Risiko-Gruppe sich eigentlich dahinter verbirgt.

Das war die Vorgeschichte.


Die Subprime-Krise und die Weltfinanzkrise


Die Immobilien-Blase (die Immobilien waren überbewertet, also ihr Wert war viel zu hoch angesetzt) in den USA platzte. Die Leute konnten aufgrund fehlendem Einkommen ihre Kredite nicht mehr abzahlen, die Immobilienpreise fielen weiter.
Warum?
Das ist der zweite Grund der Finanzkrise: Die Banken gaben Kredite zu einem Zinssatz von 2%! Da nahm natürlich jeder Kredite auf, um sich ein (oder zwei oder drei) Auto(s) oder einen Fernseher zu kaufen. Dann stieg aber das Zinsniveau, die Kredit-Zinsen erhöhten sich, die Schuldner konnten aufgrund zu geringer Einkommen Zins&Tilgung nicht mehr zahlen.
Wenn die Leute ihre Kreditzinsen und Tilgungsraten nicht mehr zahlen können, nehmen die Banken die Häuser als Sicherheit an sich. D.h. das Haus gehört der Bank. Da die Bank aber mit einem Haus nichts anfangen kann, außer sie verkauft es, kamen nun immer mehr Häuser auf den Markt, das Angebot stieg aber die Nachfrage sank eher. Das hat zur Folge, dass die Preise für Häuser fallen.
Das ist Stufe 1.

Stufe 2:
Die Krise schwappt nach Europa
Europäische Banken haben über Strohmänner bzw. Strohgesellschaften Anleihen aus der 2. Tranche (siehe oben) gekauft. Der Fehler war: Sie haben das Geld dafür aber nur kurzfristig finanziert: Eine Langfristige Anleihe also kurzfristig finanziert.
Die Tochtergesellschaften haben aber ihre kurzfristigen Einlagen nicht prolongiert (verlängert) bekommen. Daher musste die IKB (Deutsche Industrie-Bank) einspringen. Die Folgen sind ja bekannt...

Stufe 3: Das hat sich herumgesprochen
Banken wurden untereinander wegen mangelnder Transparenz misstrauisch. Die IKB bekam kein Geld mehr, also musste die KfW (Kreditanstalt für Wertvernichtung, äh, Kreditanstalt für Wiederaufbau) einspringen und damit der Staat.
Dies hatte zur Folge, dass der Bankengeldmarkt austrocknete. Die Banken leihen sich untereinander kein Geld mehr.
Die Banken geben ihr überschüssiges Geld lieber den Zentralbanken, auch wenn Sie dafür weniger Zins bekommen (= der Preis der Sicherheit).

Stufe 4: Es springt über auf den Realmarkt
Die Menschen haben Angst. Sie halten sich bei Einkäufen zurück.
Das Konsumklima kühlt ab, auch im Ausland. Sie importieren weniger, was wir als export-orientiertes Land deutlich spüren. Das heißt, wir exportieren weniger, unsere Wirtschaft kühlt ab.
Beispiele: Opel hat seine Weihnachtsferien verlängert, in den Werken wird dann kein einziges Auto mehr gebaut.
Mercedes plant streichungen von Autos, so werden in Sindelfingen bis zu 80.000 Autos weniger gebaut, da Mercedes jetzt schon auf Halde produziert.
BMW macht Herbstferien, in denen die Kernproduktion für eine Woche stillsteht.
SAP stellt keine Leute mehr ein. Das heißt, die Krise ist auf dem Arbeitsmarkt angekommen.

Und an diesem Punkt sind wir heute.
Wie geht es weiter?
Zitat eines Profs: "Entweder die (= die Regierungen; der Autor) lassen es jetzt wirklich crashen, dann geht es uns vielleicht zwei, drei Jahre dreckig; oder sie versuchen, sich so durch die Krise zu mogeln, dann dauert es bis zu 10 Jahre, bis die Verhältnisse wieder so sind, wie vor der Krise."

So viel mal für heute ;-)

Mittwoch, 8. Oktober 2008

Weltfinanzkrise

DAX runter? DAX rauf? DAX doch wieder runter?
Was ist mit dem Dow Jones, mit dem Nikkei?
Wie lange dauert das Chaos noch? Wie lange sind die Folgen noch zu spüren?
Wie konnte so etwas überhaupt passieren?
Was war der Auslöser der Krise?
Wie wird die (Banken-)Welt nach der Krise aussehen?
Was wird aus meinem Geld? Was passiert mit der Inflation?
Wer oder was ist Subprime?

All diese und noch viele andere Fragen will ich in den nächsten Einträgen versuchen zu klären, um einen Überblick über die aktuelle Situation zu bekommen.
Aufbauend auf meine aktuellen Vorlesungen an der BA Ravensburg werde ich versuchen, die Entstehung der Krise zu rekonstruieren.

Wo stehen wir denn heute? Der DAX fiel zwischenzeitlich auf unter 5.000 Punkte und verlor fast 8,00 %. Er schloß mit 5.014 Punkten (-5,88 %). Der Dow Jones schloß um 22:00 Uhr MESZ mit 1,29 % im Minus.
Selbst die Nachricht, dass die führenden Zentralbanken der ganzen Welt in einer konzertierten Aktion die Leitzinsen um 50 Basispunkte (0,5 %) gesenkt haben, reichte gerade für eine zweistündige Erholungsphase.
Die Angst sitzt tief. Werden noch mehr Banken fallen? Das gerade eben geschnürte Rettungspaket mit 50 Milliarden Euro für die HypoRealEstate dürfte ihr gerade mal bis Weihnachten reichen. Danach werden mindestens weitere 100 Milliarden (100.000.000.000) Euro nötig sein, um die Bank flüssig zu halten. Doch die HypoRealEstate ist nicht allein.
Auf alle Banken kommen schwierige Zeiten zu, wenn auch bei uns die Finanzströme versiegen, wie es schon in den USA passiert ist. Die Banken können sich nicht mehr refinanzieren und haben kein Geld für das tägliche Geschäft mehr. Vor allem die schon geschwächten Landesbanken wird die Krise treffen. Es könnte sogar so weit gehen, dass am Ende der Krise nur noch eine Landesbank steht. Und diese gehört dann dem Staat. Denn er wird die Bank nicht fallen lassen sondern als letztes Mittel die Bank verstaatlichen.
Die Deutsche Bank: Allein heute ist der Kurs um 9,08 % gefallen. Einige Stimmen sagen, die Deutsche Bank ist nach der HypoRealEstate die nächste deutsche Bank, die fällt.
Ob sie recht behalten werden? Wir werden es sicher bald wissen.
Wissen... Noch so ein Begriff, der in der Krise an Bedeutung gewinnt.
Wer weiß, wie es weitergeht?
Die Antwort ist einfach: Keiner kann zum jetzigen Zeitpunkt sagen, wie es weitergehen wird.
Sicher ist nur: Wir werden noch einige Jahre Zeit haben, die Krise und ihre Folge zu studieren.
Nach der Krise wird nichts mehr so sein, wie es war bzw. jetzt ist.

In diesem Sinne wünsche ich eine gute Nacht.
Morgen werde ich mich mit der Ursache der Krise, den Subprime-Krediten in den USA, befassen.